Am 30. Juni und 1. Juli trafen sich rund 30 Personen an der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen in Wien, um in einem hybriden Veranstaltungsformat über aktuelle Fragen und „Dauerbrenner“ in der Evaluation von EU-Förderpolitiken zu diskutieren.
„Mitnahmeeffekte: Oft besungen, kaum gemessen?“ war das Thema des ersten Blocks. Andrea Pufahl vom Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen stellte den Umgang mit der Thematik „Mitnahme“ im Rahmen der Evaluierung von ELER-Programmen vor. Drei Praxismethoden zur Erhebung von Mitnahmen wurden vorgestellt. Für die Strukturfonds wurden von Thorsten Lübbers von Ramboll ebenfalls drei Praxismethoden vorgestellt.
Der zweite Block beschäftigte sich mit der Frage der Messung von Effizienz. Am Beispiel von ELER-Programmen stellte Regina Grajewski empirische Befunde und methodische Herausforderungen vor, sowohl bezogen auf Umsetzungs- wie auch Fördereffizienz. Stefan Meyer legte in seinem Beitrag den Fokus auf die Maßnahmenwirtschaftlichkeit, die als Anforderung aus der Bundeshaushaltsordnung ein Thema bei Evaluationen von Bundesprogrammen darstellt.
In den Interna des Arbeitskreises wurden die beiden Sprecher:innen Stefan Meyer und Regina Grajewski für weitere zwei Jahre von den Anwesenden bestätigt. Andreas Resch aus Wien wurde als neuer Sprecher gewählt, als Nachfolger von Isabel Naylon. Andreas Resch arbeitet als freier Evaluator vor allem im Kontext des EFRE und des ELER. Er hat schon die letzten beiden Online-Veranstaltungen mit organisiert.
Zum Ausklang des ersten Tages gab es zwei parallele Sitzungen, zum einen von Vertreter:innen der Ministerien und zum anderen zum Austausch bezüglich der Erfahrungen in der Ex-ante-Bewertung der GAP-Strategiepläne für den Förderzeitraum 2023 bis 2027. Eine verpflichtende Ex-ante-Bewertung war für den kommenden Förderzeitraum nur noch für die GAP vorgesehen, nicht mehr für die EU-Strukturfonds. Franz Sinabell vom WIFO gab einen Überblick über die Ex-ante-Bewertung in Österreich. Die Ex-ante-Bewertung war vorrangig formativ angelegt; dies gilt gleichermaßen für Deutschland. Die Ex-ante-Bewertungen werden die Grundlage für eine Synthese auf EU-Ebene bilden.
Der Freitag begann mit zwei parallelen Sitzungen, zu den Themen LEADER und transformativer Strukturpolitik. LEADER wird als Förderansatz schon seit den 1990er Jahren angeboten, mit einem verpflichtenden Mitteinsatz in den ELER-Programmen. Kim Pollermann vom Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen stellte Ergebnisse der laufenden Evaluierung in vier deutschen Bundesländern vor. Diese Ergebnisse sind Teil eines länderübergreifenden Berichts (https://www.eler-evaluierung.de/fileadmin/eler2/Publikationen/Projektberichte/5-Laender-Bewertung/2022/5_2022_LEADER_4-Laender-Bericht_FINAL.pdf) und fokussieren besonders auf die Stellschrauben, die in der Gestaltung der Umsetzungsbedingungen liegen. Michael Fischer vom ÖAR stellte die Überlegungen für ein wirkungsorientiertes LEADER-Monitoring vor.
Der Green Deal verändert auch die Anforderungen an die „klassischen“ EU-Förderpolitiken. Mehr Geld soll in Klimaschutz und -anpassung fließen. Die Förderinstrumente sind auf Klimaverträglichkeit zu überprüfen. Elona Goma von M&E factory gab einen Überblick über klimarelevante EU-Instrumente. Die Förderarchitektur ist insgesamt komplexer geworden, mit hohen Anforderungen an die umsetzenden Stellen in den Mitgliedstaaten. Nils Biermann, Referent im nordrhein-westfälischen Umweltministerium stellte die Rolle der Umweltministerien bei der Umsetzung des Green Deals vor.
Im Anschluss erfolgte eine Session zu der Rolle von Programmtheorien/Wirkungslogiken in der Evaluierung. Peter Kaufmann von KMU Forschung Austria gab zwei Beispiele für theoriebasierte Evaluierungen. Kim Pollermann stellte vor, wie das Konzept des akteursorientierten Institutionalismus nutzen lässt, um Bausteine für die LEADER-Evaluierung abzuleiten. Stefan Meyer von kovalis stellte ein Wirkungsmodell für eine EFRE-Evaluierung in Berlin vor. Andreas Resch von M&E factory stellte die Rekonstruktion einer Theory of Change für die Förderung von „Kurzen Versorgungsketten“ vor. In der Diskussion wurde verwiesen auf den Übersichtsartikel von Hense und Traut in der Zeitschrift für Evaluation (https://www.degeval.org/fileadmin/ZfEv/Heft_2/2021/02_Hense___Taut.pdf).
Der letzte Block beschäftigte sich mit Neuerungen und ersten Überlegungen zum Evaluationsdesign in der kommenden Förderperiode. Lucien Luca stellte die Überlegungen der DG Regio vor, Andrea Wallner den Stand und die Planungen im IBW/EFRE und dem JTF-Programm vor. Francesco Gianola gab einen Überblick über die Evaluierungsvorgaben für die GAP-Strategiepläne. Hannes Wimmer stellte den Evaluierungs-Helpdesk für die Gemeinsame Agrarpolitik vor sowie ein neues Instrument zur Bewertung von Evaluierungen aus den Mitgliedstaaten als Feedback-Instrument.
Regina Grajewski
Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen, Braunschweig
E-Mail: regina.grajewski@thuenen.de
Stefan Meyer
kovalis, Bremen
E-Mail: meyer@kovalis.de
Andreas Resch
M&E factory, Wien
E-Mail: resch@monitoringandevaluation.eu