Im Rahmen der diesjährigen Herbsttagung des AK-FTI (diese fand am 16. Oktober 2020 von 14.30 – 17.00 Uhr statt) stand das Thema COVID-19 im Vordergrund. Es stellte sich die Frage, welche konkreten Auswirkungen die von der Corona-Pandemie ausgelöste Krise auf FTI-Evaluierungen haben bzw. haben werden. Die folgenden Leitfragen standen damit im Vordergrund der diesjährigen Herbsttagung:
Auf diesen Call kam es zur Einreichung dieser drei Beiträge, die das Thema Corona und Evaluation aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchteten:
Beitrag 1: „Zwischen Emergency Calls, Post-Corona Konjunkturstimulierung & Experimentierräumen für die Entwicklung neuer Maßnahmen – wie findet Lernen statt?“
In dem Vortrag von Sabine Meyer wurde deutlich, dass die COVID-19 Krise auch die FTI-Politik und die Agenturen, die diese umsetzen, vor große Herausforderungen stellt. Zum einen geht es darum, rasche Lösungen in der Gesundheitskrise zu finden, zum anderen um einen Beitrag zur konjunkturellen Entwicklung aus der Krise heraus. Rasche Lösungen verlangen rasches Handeln - gemeinsam mit den österreichischen Ministerien BMDW und BMK hat die Forschungsförderungsgesellschaft bereits am 9.3.2020 den COVID Emergency Call gestartet mit insgesamt 26 Mio. EUR. Auch die ersten Förderungen mit Finanzierung aus dem Konjunkturpaket sind gestartet, deren Umsetzung testet als Pilot die übergreifende Nutzung verschiedener Förderungsformate für gemeinsame Ziele. Für Agenturen wie die FFG, und für die FTI Politik insgesamt heißt das auch, dass mehr Agilität und Flexibilität gefordert ist. Die FFG ist aus diesem Grund Partner im Innovation Growth Lab von Nesta, das experimentelle Zugänge in der FTI Politik unterstützt, und arbeitet mit anderen Europäischen Agenturen zusammen, um gemeinsam zu testen und zu lernen, wie Agenturen durch Piloten und Experimente Evidenz generieren können. Darauf aufbauend stellen sich Fragen an die Evaluierbarkeit der neuen politischen Herausforderungen: welchen Wert, welche Wirkung hat Geschwindigkeit? Wie sollen Lernumgebungen beschaffen sein, die es erlauben, evidenzbasiert neue Wege zu testen? Welche Rolle spielt Evaluierung in diesem sich rasch verändernden Umfeld? Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen der diesjährigen Herbsttagung des AK-FTI diskutiert. Die Vortragsfolien finden Sie hier.
Beitrag 2: „Corona und die Nachhaltigkeitsfrage: Lessons learned aus einer Programmevaluation“
In dem Beitrag durch Susanne Bührer und Sarah Seus wurde anhand der Evaluation des Forschungsprogramms für Nachhaltigkeit (FONA) dargestellt, wie das Corona-Thema Auswirkungen auf das Evaluationsprojekt hatte. Einerseits konnte ein geplanter Diskurs auf Basis der Evaluationsergebnisse nicht wie geplant fortgesetzt werden, stattdessen wurden Vorschläge erarbeitet, wie der Diskurs dennoch fortgesetzt werden kann. In einem kurzen Zeitrahmen wurden möglichst viele Ideen für die strategische und operative Fortsetzung der Förderung gesammelt. Teil der weiterführenden Arbeiten waren auch Aspekte einer qualitativen ex ante Evaluation. Im Zuge dessen wurden 50 Telefoninterviews mit Vertreter*innen aus Hochschulen, der außeruniversitären Forschung, der Wirtschaft, den Kommunen und der Zivilgesellschaft geführt. So wurde der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die nachhaltige Entwicklung der Akteure hat. Im Kern ließen sich hierzu drei Gruppen von Antworten unterscheiden: (1) Corona spielt für die Nachhaltigkeit und insbesondere die Strategien zur Bewältigung des Klimawandels keine Rolle; (2) Corona drängt aufgrund seiner ernsthaften Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft Nachhaltigkeitsthemen in den Hintergrund; (3) Corona führt zu einer kritischen Reflexion bisheriger Routinen in Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, die FONA in seiner Förderpraxis aktiv aufgreifen kann. Im Rahmen des Vortrags wurden diese Antwortcluster differenzierter dargestellt und in die aktuellen Nachhaltigkeitsdiskurse eingebettet. Die Vortragsfolien finden Sie hier.
Beitrag 3: „Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Innovationsfördermaßnahmen – erste empirische Ergebnisse aus verschiedenen Evaluationen deutscher Förderprogramme“
In einem abschließenden Beitrag wurde durch Karoline Rodriguez und Jan Wessels über die Erfahrungen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Innovationsfördermaßnahmen berichtet. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die aktuelle CORONA-Pandemie in erheblichem Ausmaß Wirtschaft, Verwaltung, zentrale Innovationsprozesse und möglicher Weise auch Forschungseinrichtungen und Universitäten beeinträchtigt. Anhand der Indikatorik ist es das Ziel, näher herauszufinden inwiefern die Krise auch die Zuwendungsempfänger zu evaluierender Programme beeinflussen wird. Für viele Akteure dürfte die aktuelle Situation zur Herausforderung werden, weil der Zugang zu Laboren eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich ist, weil Personal fehlt, Lieferketten unterbrochen sind, Meetings abgesagt werden, Konferenzen nicht stattfinden, Finanzmittel umgeleitet werden etc. Somit stellt die CORONA-Pandemie auf für Evaluationen einen externen Einflussfaktor dar, der die angestrebte Wirkung zu untersuchender Programme in Hinblick auf die erfolgreiche Umsetzung von Innovationsprojekten und die Verhaltensänderung von Akteuren in Richtung Innovationsorientierung negativ beeinflussen könnte. Das ist insofern relevant, als damit die Wirkung des entsprechenden Programms im Vergleich mit anderen Programen, die nicht während der CORONA-Pandemie umgesetzt wurden, geringer ausfallen könnte, ohne dass dies dem Programm selbst zugerechnet werden darf. Zudem sind entsprechende Informationen auch im Sinne einer formativen Unterstützung laufender Programme und ihrer Anpassung an die Krise hilfreich. Um hierfür zu kontrollieren bzw. erste Daten zu erheben wurden im Sommer 2020 bereits geplante Befragungen von aktuellen und ehemaligen Zuwendungsempfängern in vier Programmen von BMBF, BMWi und BMVI mit spezifischen Fragen über die Auswirkungen von Corona ergänzt. Dabei wurden/werden sowohl Projekte in der Startphase, am Ende der Projektlaufzeit sowie in der Verwertungsphase befragt. Zudem wurde in einer Evaluation ein Workshop zu den Auswirkungen bei den geförderten Projekten umgesetzt. Im Rahmen dieses Beitrags wurden erste Ergebnisse der Befragungen vorgestellt und die Befragung konzeptionell in ein erstes Modell der Wirkung des externen Schocks „Corona“ auf laufende Innovationsprozesse eingeordnet. Teil des Beitrags war auch eine Skizzierung möglicher weiterer Forschungsbedarfe und Strategien. Die Vortragsfolien finden Sie hier.
Ihr FTI-Team
Marianne Kulicke, Leo Wangler und Peter Kaufmann
News, Literaturtipps, Veranstaltungshinweise und Veranstaltungsberichte rund um Evaluationen im Bereich der Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik finden Sie nun unter folgender Adresse: http://www.fti-eval.blogspot.de/
Wir freuen uns auf Ihre aktive Beteiligung
Ihre Sprecherinnen und Sprecher des AK FTI
Dr. Marianne Kulicke
Fraunhofer ISI
E-Mail:marianne.kulicke@isi.fraunhofer.de
Dr. Leo Wangler
VDI/VDE Innovation + Technik GmbH
E-Mail: Leo.Wangler@vdivde-it.de